Der große Raum, vor dem wir hier stehen, gehört zu den Überresten des römischen Bades, von dem sich nur wenig, aber immerhin noch genug erhalten hat, um es sicher rekonstruieren zu können. Hinter den kleinen Rundbögen in den Wänden lagen einst Ofentüren aus Eisen. Denn durch diesen Raum fegten die Glutwinde des riesigen Feuers, die das Wasser des darüber befindlichen Beckens erhitzen sollten. Aber wie, könnten Sie sich fragen, sollte sich über diesem Raum noch ein Becken befunden haben? Um das zu verstehen, müssen wir uns kurz vergegenwärtigen, wie die Römer ihre Badeanlagen bauten, denn es fehlt hier ein ganz wichtiges Detail, das man in nahezu jeder römischen Therme findet: Nämlich die Hypokausten.
Römisches Heizsystem
Die Hypokausten waren kleine Türmchen aus quadratischen Ziegeln, die rasterförmig und im Abstand von etwa einem Meter über den gesamten Fußboden verteilt waren und sich ungefähr bis zur Oberkante der Rundbögen erhoben. Über diesen Ziegeltürmchen befanden sich winzige Kreuzkuppelgewölbe, die das wasserdicht zementierte Badebecken trugen. Dass sich von den Hypokausten heute nichts mehr erhalten hat, liegt einzig und allein daran, dass sie schon im spätantiken Haus- und Kirchenbau sehr begehrt waren, weil man sie ganz wunderbar als Fußbodenziegel wiederverwenden konnte.
Wenn Sie übrigens genau hinschauen, dann sehen Sie hier noch eine weitere Besonderheit, die ebenfalls mit der Beheizung des Bades zusammenhängt, nämlich den durchgehenden Schlitz in der Ummauerung. In diesem Schlitz befanden sich Hohlziegel, durch die der Rauch aus dem großen Ofen abgeleitet wurde, bevor er unter der Decke wieder gebündelt und durch einen einzigen Schornstein nach draußen geleitet wurde. Auf diese Weise nutzte man die Wärme der Glutwinde auch noch als Wandheizung.
Ein sehr luxuriöses Bad
Während sich das eigentliche Badebecken also erst auf unserer Stehhöhe befand, wird schnell die Dimension klar. Denn ein 12 x 20 Meter großes Caldarium, wie man die antiken Warmbadebecken nannte, war sensationell groß! Und das war ja noch lange nicht alles. Denn hinter diesem Becken, in dem man tatsächlich schwimmen konnte, lagen noch zwei weitere, wenn auch kleinere Becken, in denen sich vermutlich nur noch lauwarmes und kaltes Wasser befand.
Rechts vom Betrachter befindet sich noch heute eine Treppe zum Heizungskeller sowie eine Reihe parallel zum großen Becken verlaufender Räume mit hellem Fußboden. All das gehörte ebenfalls noch mit zur Badeanlage, womit die Grundfläche des südwestliches Kopfbaus vollends ausgeschöpft war. Der Eingang zum Bad lag einst im Osten des Kopfbaus, also etwa im zweiten der seitlichen Räume.
Wenn Sie die virtuellen Ansichten der 360°-Tour durch das von mir rekonstruierte römische Bad bevorzugen, können Sie hier auch direkt eintauchen: https://grotte-di-catullo.com/international/roemisches-bad/